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Und Nietzsche weinte von Irvin D. Yalom

  • Autorenbild: Sara Malek
    Sara Malek
  • 27. Jan.
  • 4 Min. Lesezeit

Und Nietzsche weinte von Irvin D. Yalom

Ich lese sehr oft Bücher, die mir von anderen empfohlen werden. Zum einen, weil ich neugierig bin und ich bin der Meinung, dass der Buchgeschmack zumindest einen Anteil der Persönlichkeit widerspiegelt. Und zum anderen, weil ich gute Bücher liebe und auf diese Weise auf der sicheren Seite sein kann. Zumindest hoffe ich das.


Diesmal war es "Und Nietzsche weinte" von Irvin D. Yalom. Ach, ich bin so hin- und hergerissen, was dieses Buch angeht und weiß gar nicht, wie ich darauf reagieren soll. Es war zu viel, es war zu wenig, aber es war genial. Es war langweilig, aber so interessant und tiefgründig.


Lasst mich in den nächsten Zeilen versuchen, meine Gedanken zu diesem Buch mit euch zu teilen.


Worum geht´s?


Folgender Abschnitt könnte Spoiler enthalten. Falls das nicht gewünscht ist, bitte einfach zum nächsten Abschnitt springen.


Josef Breuer, ein erfolgreicher Wiener Arzt, der heute bekannt dafür ist, gemeinsam mit Sigmund Freud der Mitbegründer der Psychoanalyse zu sein, wird von einer Dame, Lou Salomé dazu überredet, einen gewissen Friedrich Nietzsche, einen bedeutenden Philosophen von seiner Verzweiflung zu kurieren.

Es stellen sich jedoch gewisse Probleme ein, die Breuer dazu bringen, immer wieder neue Methoden auszuprobieren. Sein Patient Nietzsche ist nämlich alles andere als gewöhnlich. Außerdem darf er keinesfalls herausfinden, dass seine Verzweiflung behandelt wird. Er soll in dem Glauben bleiben, Breuer wolle seine Migräne heilen.

Schon bald verschwimmen die Grenzen zwischen Arzt und Patient.


Der Stil


"Und Nietzsche weinte" soll nicht der Unterhaltung, sondern der Bildung dienen. Yalom hatte wohl nie die Intention, ein spannendes Buch zu schreiben und in gewissem Sinne ist es das auch nicht. Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Dennoch hat die Geschichte sehr interessante Passagen, die klassische Spannungsbögen aufweisen.

Im traditionellen Sinn und verglichen mit anderen belletristischen Werken merkt man aber sehr wohl den Unterschied im Aufbau des Buchs. Vor allem, wenn man sich mit der Theorie des Geschichtenschreibens beschäftigt hat. Das war eben auch genau das, was mir persönlich gefehlt hat. Ich vermisse den roten Faden. Er ist zwar da, aber verliert sich immer wieder, um an ganz anderer Stelle aufzutauchen. Themen werden aufgegriffen, ganz intensiv behandelt und dann doch wieder völlig losgelassen.

Auf der anderen Seite steckt so viel Weisheit und Reflektiertheit im Text. Es scheint, als wäre jedes Wort bedacht, jeder Satz mit einer Intention dahinter. Irvin D. Yalom will nicht einfach nur erklären, was Psychotherapie ist. Er möchte es zeigen, denn nur so kann es vollends begriffen werden.


Historische Fiktion


Die Personen, die in der Geschichte vorkommen, unter anderem Josef Breuer, Friedrich Nietzsche, Bertha Pappenheim, Lou Salomé, Paul Rée und Sigmund Freud sind alle bedeutsame Persönlichkeiten gewesen, die tatsächlich gelebt haben. Das Buch wäre wohl nicht ohne gründliche Recherche ausgekommen. Die Handlung jedoch ist, zumindest zum Teil, fiktiv. Breuer und Nietzsche sind sich nie begegnet, soweit ich weiß. Für historisch interessierte und Menschen, die sich für die Anfänge der Psychologie interessieren, ist diese Lektüre bestimmt genau das richtige. War es das für mich? Ich weiß es nicht.

Irvin D. Yalom hat seine Sprache der damaligen Zeit angepasst, somit ist "Und Nietzsche weinte" keine Geschichte, die man einfach mal so nebenbei lesen kann.


" [...] einer Patientin, die tiefer Verzweiflung anheimgefallen war und welche Sie mit einer neuen Methode behandelten, einer >Redekur<, einer auf der Vernunft beruhenden, mit dem Entwirren vermengter gedanklicher >Assoziationen< befassten Kur."

Und was sollen wir jetzt daraus lernen?


Dieses Buch ist voller wunderbarer Zitate und Weisheiten. Dennoch, ich habe mir von Anfang an sehr schwer getan, herauszufinden, worum es in dem Buch überhaupt geht. Teilweise ist dieses Gefühl bis zum Ende geblieben. Man findet immer wieder Andeutungen, wenn man sich ein wenig mit der Thematik auskennt.


"Wenn der Traum überhaupt eine Bedeutung birgt."

"[...] und prompt übertrug er das Vertrauen in den Vater auf den Sohn."

Neben der Psychoanalyse, spielt auch die Traumdeutung, Philosophie und Psychosomatik eine Rolle.


"Mein ganzes Leben ist zur Reise geworden, und ich kann mich des Eindrucks nicht mehr erwehren, dass mein wahres Zuhause, der einzig vertraute Ort, an den ich unfehlbar zurückkehre, meine Krankheit sei."

"Die Feinde der Wahrheit seien nicht Lügen, sondern Überzeugungen!"

Yalom schreibt mit so einem fundierten Wissen. Kein Wunder, denn er ist selbst Psychoanalytiker und Psychiater. Er hat somit das Verständnis und nötige Fachwissen, um derart in die Tiefe zu gehen und treffende Aussagen zu tätigen. Ich könnte jetzt mit den Zitaten unendlich fortfahren, da es wirklich unzählige in seinem Werk "Und Nietzsche weinte" gibt, aber die Frage ist eher, was bringt das Ganze? Was will der Autor sagen? Er schreibt pointiert, exakt, präzise und trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass die ganze Geschichte bodenlos und ziellos vor sich hinplätschert.


Fazit


Ich bin bis zum Schluss nicht hundertprozentig warm geworden mit diesem Buch und musste mich immer wieder überwinden, es aufzuschlagen und weiterzulesen. Es war interessant und stellenweise sogar spannend, doch diese Spannung und die Neugierde, die immer wieder entstand, konnte in mir nicht aufrechterhalten bleiben.

Der Autor erhebt keinen Anspruch auf Unterhaltung in seinem Roman und das merkt man in vielen Passagen. Schade, denn der Inhalt ist an sich interessant.

Diese Rezension ist mir sehr schwer gefallen, da ich wirklich gemischte Gefühle habe.

Es gibt bestimmt viele Leute, die das Buch auch gelesen haben und ich würde mich sehr über eure Meinungen freuen!


Bis dahin, lest weiter, Sara


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